Farben von Leitungen in Schaltschränken: VDE 0113-1 im Fokus
Die korrekte Kennzeichnung von Leitern in Schaltschränken ist ein zentraler Bestandteil sicherer und wartungsfreundlicher elektrischer Anlagen. Dieser Artikel beleuchtet die Anforderungen der Norm DIN EN 60204-1 / VDE 0113-1 zur Identifizierung von Leitern, mit besonderem Schwerpunkt auf der Farbcodierung. Ob Schutzleiter, Neutralleiter oder andere Leiter – hier erfahren Sie, welche Farben vorgeschrieben sind und welche Empfehlungen gelten.
Table of contents
- Warum ist die Leiteridentifizierung so wichtig?
- Allgemeine Anforderungen gemäß VDE 0113-1
- Schutzleiter: Grün-Gelb als Markenzeichen
- Neutralleiter: Hellblau als Standard
- Farbcodierung für andere Leiter
- Ausgenommene Stromkreise: Die Rolle der Farbe Orange
- Fazit: Sicherheit durch klare Farben
Warum ist die Leiteridentifizierung so wichtig?
In Schaltschränken sorgt eine klare Identifizierung der Leiter für Übersicht, Sicherheit und Effizienz. Laut VDE 0113-1 muss jeder Leiter an jedem Anschluss durch technische Dokumentation eindeutig zuordenbar sein. Eine gut durchdachte Kennzeichnung erleichtert nicht nur die Installation, sondern auch Wartungsarbeiten und Fehlerdiagnosen. Die Norm bietet hierfür verschiedene Methoden – von Zahlen über alphanumerische Zeichen bis hin zur Farbcodierung.
Allgemeine Anforderungen gemäß VDE 0113-1
Die Norm empfiehlt, Leiter durch folgende Mittel identifizierbar zu machen:
- Zahlen: In arabischer Schrift.
- Alphanumerik: In lateinischer Schrift (Groß- oder Kleinbuchstaben!).
- Farben: Entweder durchgehend oder an markanten Stellen.
- Kombinationen: Farben mit Zahlen oder alphanumerischen Zeichen.
Die Wahl der Methode kann zwischen Betreiber und Lieferant abgestimmt werden. Ergänzende Hinweise zur Kennzeichnung finden sich in IEC 62491, die als Leitfaden für industrielle Installationen dient.
Schutzleiter: Grün-Gelb als Markenzeichen
Der Schutzleiter (oft auch Schutzpotentialausgleichsleiter genannt) spielt eine Schlüsselrolle für die Sicherheit. Er muss sich klar von anderen Leitern abheben – sei es durch Form, Anordnung oder Farbe.
Farbkennzeichnung
- Wenn ausschließlich Farbe verwendet wird, muss die Kombination GRÜN-GELB über die gesamte Länge des Leiters sichtbar sein.
- Diese Farbe ist exklusiv für Schutzleiter reserviert – andere Verwendungen sind streng verboten.
- Bei isolierten Leitern gilt: Auf je 15 mm Länge deckt eine Farbe 30–70 % der Oberfläche ab, die andere den Rest.
Alternative Kennzeichnung
Ist der Schutzleiter durch Form oder Aufbau (z. B. als blanker, verseilter Leiter) eindeutig erkennbar, entfällt die durchgehende Farbmarkierung. An Enden oder zugänglichen Stellen muss er jedoch gekennzeichnet sein:
- Mit dem Symbol IEC 60417-5019.
- Mit den Buchstaben PE.
- Oder durch GRÜN-GELB.
Für Schutzpotentialausgleichsleiter können zusätzlich die Buchstaben PB oder das Symbol IEC 60417-5021 verwendet werden.
Neutralleiter: Hellblau als Standard
Der Neutralleiter hat ebenfalls klare Vorgaben:
- Wird er nur durch Farbe identifiziert, muss die Farbe BLAU (idealerweise HELLBLAU) sein.
- Diese Farbe ist exklusiv dem Neutralleiter vorbehalten, um Verwechslungen auszuschließen.
- Blanke Leiter als Neutralleiter erhalten entweder:
- Einen blauen Streifen an zugänglichen Stellen, oder
- Eine durchgehende Markierung über die gesamte Länge.
Farbcodierung für andere Leiter
Für alle weiteren Leiter erlaubt VDE 0113-1 eine breite Palette an Farben:
- SCHWARZ, BRAUN, ROT, ORANGE, GELB, GRÜN, BLAU (einschließlich HELLBLAU), VIOLETT, GRAU, WEISS, ROSA, TÜRKIS.
Praktische Empfehlungen
- Die Farbe sollte idealerweise durchgehend über die Leiterlänge genutzt werden – entweder durch die Isolierung oder Markierungen an Enden und zugänglichen Stellen.
- Kombinationen dieser Farben sind erlaubt, solange keine Verwechslungen entstehen.
- Achtung: GRÜN und GELB dürfen nur in der Kombination GRÜN-GELB für Schutzleiter verwendet werden!
Empfohlene Zuordnung
Die Norm schlägt eine praktische Farbcodierung vor:
- SCHWARZ: Hauptstromkreise (AC/DC).
- ROT: Steuerstromkreise (Wechselstrom).
- BLAU: Steuerstromkreise (Gleichstrom).
- ORANGE: Sonstige Stromkreise. Dies umfasst Stromkreise, die nicht von der Netztrenneinrichtung abgeschaltet werden müssen, wie Beleuchtung für Wartungsarbeiten, Steckdosen für Reparaturwerkzeuge, Unterspannungsschutz oder Ausrüstungen, die für den Betrieb durchgehend versorgt bleiben müssen (z. B. temperaturgesteuerte Messeinrichtungen).
Ausnahmen
Falls Leiter in den empfohlenen Farben nicht verfügbar sind (z. B. in mehradrigen Leitungen), gelten Ausnahmen. Die Norm gilt nur als Empfehlung und ist keine Pflicht, es ist jedoch ratsam, sich an die Vorgaben zu halten, um Verwechslungen zu vermeiden.
Ausgenommene Stromkreise: Die Rolle der Farbe Orange
Laut VDE 0113-1, Abschnitt 5.3.5, müssen bestimmte Stromkreise nicht von der Netztrenneinrichtung abgeschaltet werden. Dazu zählen:
- Beleuchtungsstromkreise: Für Wartung oder Reparatur.
- Steckdosen: Für Reparatur- oder Instandhaltungswerkzeuge (z. B. Bohrmaschinen, Prüfgeräte).
- Unterspannungsschutz: Für automatische Abschaltung bei Stromausfall.
- Dauerbetriebs-Stromkreise: Für Geräte wie Heizungen oder Programm-Speicher.
Für diese „ausgenommenen Stromkreise“ empfiehlt die Norm die Farbe ORANGE, um sie eindeutig zu kennzeichnen. Zusätzlich sind Warnschilder an der Netztrenneinrichtung und Hinweise im Wartungshandbuch erforderlich. Alternativ können diese Stromkreise räumlich getrennt oder mit dauerhaften Warnschildern versehen werden.
Fazit: Sicherheit durch klare Farben
Die VDE 0113-1 bietet klare Vorgaben und Empfehlungen, um Leiter in Schaltschränken eindeutig zu kennzeichnen. Die Farben GRÜN-GELB für Schutzleiter, HELLBLAU für Neutralleiter und die empfohlene Codierung – inklusive ORANGE für ausgenommene Stromkreise – schaffen Struktur und Sicherheit. Eine einheitliche Umsetzung dieser Regeln minimiert Risiken und erleichtert die Arbeit von Installateuren und Wartungspersonal. So bleibt der Schaltschrank nicht nur sicher, sondern auch übersichtlich – ein Gewinn für alle Beteiligten!
Hinweis: Dieser Artikel basiert auf DIN EN 60204-1 / VDE 0113-1, Abschnitten 13.2 und 5.3.5. Weitere Details finden Sie in der Norm oder ergänzenden Richtlinien wie IEC 60445 und IEC 62491.